Rolf Redlin
Sprachlos
Roman
kartoniert, ca. 176 Seiten,
16,00 EUR (D)
ISBN: 978-86300-164-3
Männerschwarm Verlag Hamburg
Auch als Ebook
Auch in seinem vierten Roman erzählt Rolf Redlin von ganz ‹normalen› Männern, deren Leben durch ihre Gefühle für andere Männer ungewollt auf den Kopf gestellt wird.
Hauke Boie übernimmt die Position des ‹Leiter Human Ressources› bei einem Hersteller von Fertighäusern im mecklenburgischen Parchim. Er ist glücklich verheiratet und hat zwei Kinder. Die Familie bleibt in Hamburg zurück, weil er die Tätigkeit nur als vorübergehende Station in seiner persönlichen Karriere sieht und weil Ehefrau Birgitt ihre Stelle als Lehrerin an einem Gymnasium nicht aufgeben will.
Auf einer Tankstelle in Parchim begegnet Hauke zufällig dem Kraftfahrer Jens Schweiger. Er fühlt sich spontan an seinen ehemaligen Freund Olaf erinnert. Mit dessen Clique war er als Jugendlicher auf Rockfestivals gefahren. Die Erinnerung lässt verdrängte und längst überwunden geglaubte Gefühle wach werden.
Zwischen Hauke und Jens entsteht eine starke Beziehung, die Hauke in Gewissensnöte in Bezug auf seine Familie stürzt. Jens ist so ganz anders als die Menschen in Haukes bisherigem Umfeld. Er ist eher wortkarg, lebt in einfachen Verhältnissen und hält sich durch regelmäßges Laufen fit. Vor allem aber raucht er jede Menge Zigarillos der schon in der DDR erhältlichen Marke ‹Sprachlos›, deren Aroma Hauke nur schwer widerstehen kann.
Schließlich entwickelt sich die Situation in der Firma ganz anders, als Hauke es sich erhofft hat. Jens ermuntert ihn, konsequent zu sein und endlich Ordnung in sein Leben zu bringen.
Paul Schulz in Hinnerk 06/14
Redlin ist derjenige unter den deutschen, schwulen Schriftstellern, der am eindringlichsten Liebesgeschichten zwischen echten Kerlen erzählen kann. Auch wenn Hauke und Jens (...) aufeinander prallen, lösen sich Emotionsbrocken, die den beiden dann erst mal im Weg liegen und sie nicht zueinander finden lassen. Die Sinnlichkeit die diese beiden ganz stinknormalen schwulen Männer hier produzieren, ist angenehm. weil in ihrer kompletten Natürlichkeit so selten. (...)
Kurzweilig
Siegessäule 06/14
(...) Rolf Redlin ist ein kurzweiliger Roman gelungen über einen Familienvater. der seinen lange unterdrückten Gefühlen letztlich nicht entkommen kann.
Nach Südwesten schirmte ein Gürtel aus Gewerbegebieten und mehrstöckigen Plattenbauten das eher beschauliche Zentrum der Kreisstadt Parchim ab. Wenn Hauke nach Feierabend zu seiner Unterkunft fuhr kam es ihm vor, als sei das alles einst eine Nummer zu groß geplant gewesen und nun zwischen der Erinnerung an vermeintliche Größe und der unerfüllten Hoffnung auf bessere Zeiten eingeschlafen.
Auf der Bahnlinie parallel zur Bundesstraße sah er die gleichen kurzen Triebwagen, wie sie von Heide kommend in Richtung Büsum rumpelten; die Dithmarscher nannten sie scherzhaft Playmo-Bahn. Im Vergleich zum heimischen Wesselburen war Parchim allerdings fast eine Großstadt.
Am Ortseingang lockte eine Tankstelle mit niedrigem Preis. Kurzentschlossen bog Hauke ab und hielt vor einer freien Zapfsäule. Wirklich günstig konnte man das Angebot zwar nicht nennen, aber er hatte sich schon nach einer Woche daran gewöhnt, dass die Kraftstoffpreise im Schnitt zehn Cent über Hamburger Niveau lagen.
Er öffnete den Kofferraum, fischte nach dem fleckigen Arbeitshandschuh und griff zur Zapfpistole. Während das Dieselöl in den Tank lief, schaute er den Ziffern auf der Anzeige zu, die in rasantem Tempo das getankte Volumen und den Eurobetrag zählten. Jenseits der Zapfsäule hielt ein Pritschenwagen. Auf den Türen las er den Namen einer Dachdeckerei. Vier junge Männer in einheitlich grau-blauer Arbeitskleidung stiegen aus.
Haukes Armbanduhr zeigte kurz nach acht. In seiner Hand knackte die Zapfpistole, der Tank war gefüllt. Drei der Dachdecker gingen vor ihm zum Verkaufsraum. An ihrer Spitze ein kleiner Dicker, der unablässig Faxen machte. Auf den Klamotten der Männer lag der Staub eines langen Arbeitstages und die Müdigkeit war ihnen anzusehen. Am Tresen angekommen bestellten sie jeder einen Hotdog. Hauke beschloss, lieber eine Runde durch den Verkaufsraum zu drehen, statt in der Kassenschlange zu warten. Am Zeitschriftenständer nahm er sich den neuen Spiegel und suchte nach einer Fernsehzeitschrift. Damit würde er die Abende schon rumkriegen. Na ja, jetzt hatte er ja auch noch das Mountainbike dabei. Eigentlich wäre es keine schlechte Idee, mal bei den Fahrradzeitschriften zu gucken. Drüben am Tresen war mittlerweile der Vierte aus der Dachdeckertruppe angekommen, seine drei Kollegen standen schon um einen Bistrotisch herum. Hauke wandte sich wieder den Zeitschriften zu und sah kurz über das obere Regal hinweg durch die Scheibe nach draußen.
Verblüfft hielt er inne. Kam da etwa Olaf? Nein, das war er nicht, das konnte nicht sein.
Ein langer, hagerer Kerl in neongelber Warnschutzjacke stieg aus einem Lkw und spazierte auf den Eingang zu. Das war definitiv nicht Olaf, der hatte nicht so akkurat geschnittene Haare. Aber die Ähnlichkeit war schon verblüffend, selbst von weitem. Nicht nur der Vollbart, auch der Körperbau, die Art, wie er sich bewegte, dieser ausholende Schritt und das Wippen in den Knien.
Hauke zog eines der Magazine aus der Auslage, blätterte und schielte neugierig zu Tür. Im gleichen Moment betrat der neongelbe Kerl den Verkaufsraum. Er schaute einmal in die Runde und kam dann ebenfalls zum Zeitschriftenstand. Hauke erschrak. Hatte er zu auffällig hingeschaut? Aus der Nähe blendete das Neongelb weit weniger. Scheuerspuren zogen sich als graue Patina über Brust und Ärmelfalten. Aus den Augenwinkeln beobachtete Hauke, wie der Typ nach einer Tattoo-Zeitschrift griff. Doch statt darin zu lesen, sah er Hauke an, einfach so. Nicht aggressiv, aber irgendwie fordernd. Hauke kribbelte es den Rücken hinunter. Er wagte nicht, den Blick zu erwidern, blätterte stattdessen in seinem Fahrradheft, las hier und dort ein wenig. Aber der Inhalt erreichte ihn nicht wirklich, denn er meinte immer noch den Blick des Mannes zu spüren. Der Pickel vom Morgen meldete sich wieder, die Nasenspitze brannte, als sei er jetzt wirklich reif. Am besten wäre es wohl, einfach zur Kasse zu gehen, bevor er hier noch Ärger bekam. Jetzt trat der Kerl auch noch einen Schritt auf ihn zu und griff, ohne ein Wort zu sagen, unmittelbar an Hauke vorbei nach einer Zeitschrift für Läufer. Eine Wolke intensiven Tabaksgeruchs hüllte ihn ein. Wie automatisch wich Hauke einen Schritt zurück, atmete durch und inhalierte unwillkürlich das würzige Aroma. Das war kein Zigarettengestank, das musste irgendwas anderes sein.
Statt das Fahrradheft an dem Kerl vorbei wieder ins Regal zu schieben, klemmte Hauke es zusammen mit dem Spiegel und der Programmzeitschrift unter den Arm. Dann holte er noch ein paar Tüten Kartoffelchips und ein Sixpack Bier. Vollbepackt schritt er auf die Kasse zu.
Aber der Neongelbe war schneller. Ohne Hauke eines Blicks zu würdigen, stellte er sich im letzten Moment vor ihm an den Tresen. Auf seinem Rücken stand der Name einer ortsansässigen Spedition.
Die Verkäuferin mit dem Augenbrauen-Piercing zwinkerte. »Tachschön, Jens! Sprachlos, wie immer?«
Der Mann nickte und warf einen zerknüllten Zehn-Euro-Schein in die Kunststoffschale neben der Kasse. Sie schob ihm zwei Schachteln Zigarillos über den Tresen, die er rasch in den Weiten der Warnschutzjacke verschwinden ließ.
Dann war die Reihe an Hauke. Er trat einen Schritt vor, atmete ein letztes Mal das Tabakaroma ein und sagte: »Die Sechs bitte.«
Hauke zirkelte den Wagen durch die schmale Toreinfahrt auf den Innenhof des Hotels. Er trug seine Einkäufe in das kleine Ferienapartment hinauf, das die Firma für ihn angemietet hatte. Das war eine prima Übergangslösung. Für regelmäßige Reinigung, Bettwäsche und Handtücher war so gesorgt.
Er schloss die Tür hinter sich, drückte eine Programmtaste der Fernbedienung und öffnete den Krawattenknoten. Fünf Bierflaschen wanderten in den kleinen Kühlschrank der Pantry, aus der Sechsten nahm er einen tiefen Schluck. Auf RTL lief Wer wird Millionär, der Kandidat beantwortete grad die Sechzehntausend-Euro-Frage und Hauke stellte den Ton lauter. Anschließend erledigte er wie zuhause sein gewohntes Feierabendritual. Schnürsenkel öffnen, Schuhe ausziehen und in die Badelatschen schlüpfen. Die Schuhe ordentlich neben der Eingangstür abstellen. Dann das Sakko auf einen Bügel hängen, die Krawatte abnehmen und das Hemd ausziehen. Im Kleiderschrank warteten Jogginghose und Kapuzenshirt auf ihn. In den bequemen Klamotten ließ er sich aufs Sofa fallen. Die junge Kandidatin hatte die gleiche kastanienbraune Haarfarbe wie Birgitt und war in diesem Moment bei der Vierundsechzigtausend-Euro-Frage angelangt.
Welche dieser Tabakwaren ist keine Zigarre?
A: Torpedo, B: Zigarillo, C: Reval, D: Churchill.
Hauke atmete tief durch die Nase ein und versuchte, sich das Aroma des Neongelben von der Tankstelle zu vergegenwärtigen.
Rechts im Bild erschienen die Bilder von drei Männern, aus denen die Kandidatin einen Grauhaarigen als ihren Telefonjoker auswählte. Dem Bild nach mochte er der Vater der Kandidatin sein. Sie verbrachte viel Zeit mit dem Vorlesen und Wiederholen der Frage und am Ende wusste der Angerufene auch keinen Rat.
Hauke hörte nur halb hin. Versuchte, sich stattdessen an das Aussehen des Neongelben zu erinnern. Doch das gelang ihm nicht. Immer wieder stand ihm das Bild von Olaf vor Augen. Olaf hatte Zigaretten geraucht, selbstgedrehte, und das nicht zu knapp. In seiner Jugendzeit hatte Hauke das nicht im geringsten gestört. Wie hatte er das nur aushalten können? Er sah ihn in Lederjacke vor sich, die Fluppe lässig im Mundwinkel, wie er das kleine Kuppelzelt mit dem Werner-Aufdruck zusammenlegte, am Morgen nach dem Festival in Wacken. Damals, als es noch ein Geheimtipp war. Den fordernden Blick des Neongelben hatte Olaf allerdings nie gehabt. Er war verdammt gutmütig gewesen und hatte den jungen Hauke regelmäßig mitgenommen, wenn seine Motorradclique auf Rockfestivals fuhr.
Im Fernsehen entschied sich die Kandidatin mit den rotbraunen Haaren, auf Risiko zu spielen und wählte Antwort B. Statt die Frage aufzulösen kündigte Günter Jauch erst einmal eine Werbepause an.
Hauke versuchte, sich Olafs Augen vorzustellen, aber er konnte sich kaum an ihre Farbe erinnern, er tippte auf graublau. Es war beinahe zwanzig Jahre her, dass er mit Olaf losgezogen war. Der Kontakt war irgendwann abgebrochen, wie das so ist. Vor drei Jahren allerdings hatte er ihn nochmal wiedergesehen. Rein zufällig, denn er war mit Frau und Kindern zu einer Familienfeier in Wesselburen gewesen.
Der runde Geburtstag der Mutter hatte an diesem Tag die gesamte Verwandtschaft in das Elternhaus nach Dithmarschen geführt. Hauke half seinem älteren Bruder Sönke, Sitzgelegenheiten ins Wohnzimmer zu tragen. Grad holte er einen kleinen Cocktailsessel im Sechziger-Jahre-Stil aus dem Schlafzimmer der Mutter, da läutete das Telefon. Im Treppenhaus hing immer noch eine altmodische Zusatzklingel mit dem Horn der Deutschen Bundespost darauf. Ihr Schrillen war zweifellos bis hinüber zum Eidersperrwerk zu hören. Seine Mutter winkte ihn mit der freien Hand herbei, in der anderen hielt sie den Telefonhörer. Tante Mimi aus Itzehoe war dran. Sie würde gleich in den Zug steigen. Jemand möge sie doch in Heide vom Bahnhof abholen.
Im Vergleich zum Küchendienst war Hauke der Shuttle-Service allemal lieber. Er zögerte nicht lange und fuhr sogleich los. So kam es, dass er viel zu früh in Heide ankam. Als er den Wagen parkte, waren es noch gut dreißig Minuten bis zu Tante Mimis Ankunft. Er blieb noch einen Moment im Auto sitzen, beschloss dann aber auszusteigen, um sich ein wenig die Beine zu vertreten.
Plötzlich rief jemand seinen Namen. Hauke schaute sich um. An der Längsseite des Parkplatzes, wo ein Gebüsch die Grenze zum Bahngelände markierte, stand ein einfaches Gartenhaus aus Blockbohlen, das zum Imbiss umfunktioniert worden war. Ein langer Kerl mit einer Bierflasche in der Hand stützte sich auf einen Stehtisch und winkte. Das war Olaf!
»Moin Hauke, lang nich sehn!« Olaf strahlte ihn an. »Peter, lang mal noch’n Bier ’rüber.« Olaf trug eine abgewetzte Lederjacke mit Jeansweste, deren unzählige verblichene Aufnäher kaum noch zu erkennen waren.
»Aber nur ’n Spaßbier!« Hauke griff nach der ausgestreckten Hand. Olaf arbeitete als Betriebsschlosser, sein Händedruck war unverändert kräftig. »Mensch, das ist ja gefühlte hundert Jahre her. Bist du noch in der Raffinerie?«
Olaf nickte. »Klar, auch wenn der Schichtdienst mir langsam in die Knochen geht. Und du?« Er sah ihn von oben bis unten an. »Siehst geleckt aus. Karriere gemacht unten in Hamburg?!«
Hauke winkte ab. »Bürojob, jeden Tag das gleiche.«
»Und? Familie?«
»Wir haben zwei Jungs, zwei und fünf Jahre.«
Hauke bekam sein alkoholfreies Bier und hob die Flasche an den Hals. Dabei sah er Olaf genauer an. Die Jahre hatten ihre Spuren hinterlassen, die schütteren blonden Haare waren ganz weiß geworden, der üppige Vollbart ebenso.
Auf dem Sozius von Olafs Honda hatte er gesessen, fest an ihn geklammert, mit dieser Mischung aus Angst im Kopf und Faszination im Bauch. Die Klassenkameraden hatten gestaunt, weil die erwachsenen Männer ihn, den pickligen 16-jährigen, mit auf ihre Touren nahmen. Wenn sie sich auf dem Heider Marktplatz zur Ausfahrt sammelten, machten brave Bürger einen großen Bogen um den bunt gemischten Haufen.
»Unser kleiner Hauke …« Olaf schüttelte den Kopf und lachte. »Du warst immer ganz heiß auf Moshpits, ’n paar Mal hab ich dich mitten aus dem Gewühl gezogen. Ich wette, jetzt gehst du jeden Tag mit Anzug und Krawatte ins Büro. Echt, wir mochten damals kaum glauben, wie schnell du dich nach der Schule von deinem alten Leben getrennt hast. Haare ab, Bundeswehr, Studium. Unser Kleiner macht einen auf Stino, lässt sich nicht mehr blicken bei seinen alten Kumpels.«
Hauke schaute auf das Pflaster, in das noch uralte Bahngleise eingelassen waren.
Olaf haute ihm auf die Schulter. »Hey, war nicht so gemeint. War doch klar, dass du dein Leben leben musstest.«
»Bist du wenigstens der Alte geblieben? Fährst du noch auf Festivals?«
Olaf rückte die Lederjacke zurecht. »Ich bin auf meine alten Tage doch noch schwach geworden. Fast zehn Jahre jünger ist sie, fährt Harley und ist immer mit dabei. Dann heißt sie auch noch Telse, man glaubt es kaum.« Er leerte sein Bier. »Aber wir werden weniger. Erinnerst du dich an Gunnar? Da musst du auch dabeigewesen sein, als wir damals das erste Mal in den Osten rüber sind, wo’s am Ende noch ordentlich was auf die Augen gegeben hat. Den haben sie totgefahren, vorletztes Jahr. Und der dicke Hannes, der hat Weichteilrheumatismus, kann kaum noch seine Mühle aufrecht halten.«
»Hauke?!«, rief eine spitze Stimme.
Sie drehten sich beide um. Tante Mimi kam strammen Schritts über den Parkplatz gelaufen und zog einen Rollkoffer hinter sich her, der polternd über das Kopfsteinpflaster sprang.
»Die Pflicht ruft«, sagte Olaf. Es klimperte, als er die Bügelverschlussflasche auf dem Tisch abstellte.
»Hauke, was machst du hier? Trinkst du etwa?«
»Tach, Tante Mimi. Is’ bloß ’n Spaßbier. Ich hab zufällig den Olaf getroffen und dann hier auf dich gewartet.« Hauke zückte das Portemonnaie, um zu zahlen.
»Lass mal stecken.« Olaf schüttelte Tante Mimis Hand. »Kümmer’ dich um deinen Besuch, kriegst sonst noch Ärger.« Er zwinkerte der alten Dame zu.
Hauke griff nach Tante Mimis Koffer.
»Hau rein!«, rief Olaf ihm hinterher.
»Der ist ja nett«, sagte Mimi, während sie zum Auto gingen.
Sprachlos
Roman
kartoniert, ca. 176 Seiten,
16,00 EUR (D)
ISBN: 978-86300-164-3
Männerschwarm Verlag Hamburg
Auch als Ebook
Intermezzo in Mecklenburg
Hauke ist ein Familienmensch, er lebt zufrieden mit Ehefrau und zwei kleinen Söhnen. Dennoch tauchen regelmäßig Erinnerungsfetzen an seine Jugendfreunde Olaf und Steffen auf und verwirren ihn. Als er aus beruflichen Gründen ohne die Familie nach Mecklenburg zieht, melden sich seine unterdrückten Sehnsüchte immer lauter: vor allem, als er dem LKW-Fahrer Jens begegnet, der ihn stark an Olaf erinnert. Ohne viele Worte entsteht zwischen den beiden eine starke Beziehung. Doch die Euphorie über dieses unverhoffte Glück stellt Hauke vor eine unlösbare Aufgabe: Wie soll er die Liebe zu seiner Familie und die Gefühle für Jens unter einen Hut bringen?Auch in seinem vierten Roman erzählt Rolf Redlin von ganz ‹normalen› Männern, deren Leben durch ihre Gefühle für andere Männer ungewollt auf den Kopf gestellt wird.
Hauke Boie übernimmt die Position des ‹Leiter Human Ressources› bei einem Hersteller von Fertighäusern im mecklenburgischen Parchim. Er ist glücklich verheiratet und hat zwei Kinder. Die Familie bleibt in Hamburg zurück, weil er die Tätigkeit nur als vorübergehende Station in seiner persönlichen Karriere sieht und weil Ehefrau Birgitt ihre Stelle als Lehrerin an einem Gymnasium nicht aufgeben will.
Auf einer Tankstelle in Parchim begegnet Hauke zufällig dem Kraftfahrer Jens Schweiger. Er fühlt sich spontan an seinen ehemaligen Freund Olaf erinnert. Mit dessen Clique war er als Jugendlicher auf Rockfestivals gefahren. Die Erinnerung lässt verdrängte und längst überwunden geglaubte Gefühle wach werden.
Zwischen Hauke und Jens entsteht eine starke Beziehung, die Hauke in Gewissensnöte in Bezug auf seine Familie stürzt. Jens ist so ganz anders als die Menschen in Haukes bisherigem Umfeld. Er ist eher wortkarg, lebt in einfachen Verhältnissen und hält sich durch regelmäßges Laufen fit. Vor allem aber raucht er jede Menge Zigarillos der schon in der DDR erhältlichen Marke ‹Sprachlos›, deren Aroma Hauke nur schwer widerstehen kann.
Schließlich entwickelt sich die Situation in der Firma ganz anders, als Hauke es sich erhofft hat. Jens ermuntert ihn, konsequent zu sein und endlich Ordnung in sein Leben zu bringen.
Rezensionen
Komplette NatürlichkeitPaul Schulz in Hinnerk 06/14
Redlin ist derjenige unter den deutschen, schwulen Schriftstellern, der am eindringlichsten Liebesgeschichten zwischen echten Kerlen erzählen kann. Auch wenn Hauke und Jens (...) aufeinander prallen, lösen sich Emotionsbrocken, die den beiden dann erst mal im Weg liegen und sie nicht zueinander finden lassen. Die Sinnlichkeit die diese beiden ganz stinknormalen schwulen Männer hier produzieren, ist angenehm. weil in ihrer kompletten Natürlichkeit so selten. (...)
Kurzweilig
Siegessäule 06/14
(...) Rolf Redlin ist ein kurzweiliger Roman gelungen über einen Familienvater. der seinen lange unterdrückten Gefühlen letztlich nicht entkommen kann.
Leseprobe
3Nach Südwesten schirmte ein Gürtel aus Gewerbegebieten und mehrstöckigen Plattenbauten das eher beschauliche Zentrum der Kreisstadt Parchim ab. Wenn Hauke nach Feierabend zu seiner Unterkunft fuhr kam es ihm vor, als sei das alles einst eine Nummer zu groß geplant gewesen und nun zwischen der Erinnerung an vermeintliche Größe und der unerfüllten Hoffnung auf bessere Zeiten eingeschlafen.
Auf der Bahnlinie parallel zur Bundesstraße sah er die gleichen kurzen Triebwagen, wie sie von Heide kommend in Richtung Büsum rumpelten; die Dithmarscher nannten sie scherzhaft Playmo-Bahn. Im Vergleich zum heimischen Wesselburen war Parchim allerdings fast eine Großstadt.
Am Ortseingang lockte eine Tankstelle mit niedrigem Preis. Kurzentschlossen bog Hauke ab und hielt vor einer freien Zapfsäule. Wirklich günstig konnte man das Angebot zwar nicht nennen, aber er hatte sich schon nach einer Woche daran gewöhnt, dass die Kraftstoffpreise im Schnitt zehn Cent über Hamburger Niveau lagen.
Er öffnete den Kofferraum, fischte nach dem fleckigen Arbeitshandschuh und griff zur Zapfpistole. Während das Dieselöl in den Tank lief, schaute er den Ziffern auf der Anzeige zu, die in rasantem Tempo das getankte Volumen und den Eurobetrag zählten. Jenseits der Zapfsäule hielt ein Pritschenwagen. Auf den Türen las er den Namen einer Dachdeckerei. Vier junge Männer in einheitlich grau-blauer Arbeitskleidung stiegen aus.
Haukes Armbanduhr zeigte kurz nach acht. In seiner Hand knackte die Zapfpistole, der Tank war gefüllt. Drei der Dachdecker gingen vor ihm zum Verkaufsraum. An ihrer Spitze ein kleiner Dicker, der unablässig Faxen machte. Auf den Klamotten der Männer lag der Staub eines langen Arbeitstages und die Müdigkeit war ihnen anzusehen. Am Tresen angekommen bestellten sie jeder einen Hotdog. Hauke beschloss, lieber eine Runde durch den Verkaufsraum zu drehen, statt in der Kassenschlange zu warten. Am Zeitschriftenständer nahm er sich den neuen Spiegel und suchte nach einer Fernsehzeitschrift. Damit würde er die Abende schon rumkriegen. Na ja, jetzt hatte er ja auch noch das Mountainbike dabei. Eigentlich wäre es keine schlechte Idee, mal bei den Fahrradzeitschriften zu gucken. Drüben am Tresen war mittlerweile der Vierte aus der Dachdeckertruppe angekommen, seine drei Kollegen standen schon um einen Bistrotisch herum. Hauke wandte sich wieder den Zeitschriften zu und sah kurz über das obere Regal hinweg durch die Scheibe nach draußen.
Verblüfft hielt er inne. Kam da etwa Olaf? Nein, das war er nicht, das konnte nicht sein.
Ein langer, hagerer Kerl in neongelber Warnschutzjacke stieg aus einem Lkw und spazierte auf den Eingang zu. Das war definitiv nicht Olaf, der hatte nicht so akkurat geschnittene Haare. Aber die Ähnlichkeit war schon verblüffend, selbst von weitem. Nicht nur der Vollbart, auch der Körperbau, die Art, wie er sich bewegte, dieser ausholende Schritt und das Wippen in den Knien.
Hauke zog eines der Magazine aus der Auslage, blätterte und schielte neugierig zu Tür. Im gleichen Moment betrat der neongelbe Kerl den Verkaufsraum. Er schaute einmal in die Runde und kam dann ebenfalls zum Zeitschriftenstand. Hauke erschrak. Hatte er zu auffällig hingeschaut? Aus der Nähe blendete das Neongelb weit weniger. Scheuerspuren zogen sich als graue Patina über Brust und Ärmelfalten. Aus den Augenwinkeln beobachtete Hauke, wie der Typ nach einer Tattoo-Zeitschrift griff. Doch statt darin zu lesen, sah er Hauke an, einfach so. Nicht aggressiv, aber irgendwie fordernd. Hauke kribbelte es den Rücken hinunter. Er wagte nicht, den Blick zu erwidern, blätterte stattdessen in seinem Fahrradheft, las hier und dort ein wenig. Aber der Inhalt erreichte ihn nicht wirklich, denn er meinte immer noch den Blick des Mannes zu spüren. Der Pickel vom Morgen meldete sich wieder, die Nasenspitze brannte, als sei er jetzt wirklich reif. Am besten wäre es wohl, einfach zur Kasse zu gehen, bevor er hier noch Ärger bekam. Jetzt trat der Kerl auch noch einen Schritt auf ihn zu und griff, ohne ein Wort zu sagen, unmittelbar an Hauke vorbei nach einer Zeitschrift für Läufer. Eine Wolke intensiven Tabaksgeruchs hüllte ihn ein. Wie automatisch wich Hauke einen Schritt zurück, atmete durch und inhalierte unwillkürlich das würzige Aroma. Das war kein Zigarettengestank, das musste irgendwas anderes sein.
Statt das Fahrradheft an dem Kerl vorbei wieder ins Regal zu schieben, klemmte Hauke es zusammen mit dem Spiegel und der Programmzeitschrift unter den Arm. Dann holte er noch ein paar Tüten Kartoffelchips und ein Sixpack Bier. Vollbepackt schritt er auf die Kasse zu.
Aber der Neongelbe war schneller. Ohne Hauke eines Blicks zu würdigen, stellte er sich im letzten Moment vor ihm an den Tresen. Auf seinem Rücken stand der Name einer ortsansässigen Spedition.
Die Verkäuferin mit dem Augenbrauen-Piercing zwinkerte. »Tachschön, Jens! Sprachlos, wie immer?«
Der Mann nickte und warf einen zerknüllten Zehn-Euro-Schein in die Kunststoffschale neben der Kasse. Sie schob ihm zwei Schachteln Zigarillos über den Tresen, die er rasch in den Weiten der Warnschutzjacke verschwinden ließ.
Dann war die Reihe an Hauke. Er trat einen Schritt vor, atmete ein letztes Mal das Tabakaroma ein und sagte: »Die Sechs bitte.«
Hauke zirkelte den Wagen durch die schmale Toreinfahrt auf den Innenhof des Hotels. Er trug seine Einkäufe in das kleine Ferienapartment hinauf, das die Firma für ihn angemietet hatte. Das war eine prima Übergangslösung. Für regelmäßige Reinigung, Bettwäsche und Handtücher war so gesorgt.
Er schloss die Tür hinter sich, drückte eine Programmtaste der Fernbedienung und öffnete den Krawattenknoten. Fünf Bierflaschen wanderten in den kleinen Kühlschrank der Pantry, aus der Sechsten nahm er einen tiefen Schluck. Auf RTL lief Wer wird Millionär, der Kandidat beantwortete grad die Sechzehntausend-Euro-Frage und Hauke stellte den Ton lauter. Anschließend erledigte er wie zuhause sein gewohntes Feierabendritual. Schnürsenkel öffnen, Schuhe ausziehen und in die Badelatschen schlüpfen. Die Schuhe ordentlich neben der Eingangstür abstellen. Dann das Sakko auf einen Bügel hängen, die Krawatte abnehmen und das Hemd ausziehen. Im Kleiderschrank warteten Jogginghose und Kapuzenshirt auf ihn. In den bequemen Klamotten ließ er sich aufs Sofa fallen. Die junge Kandidatin hatte die gleiche kastanienbraune Haarfarbe wie Birgitt und war in diesem Moment bei der Vierundsechzigtausend-Euro-Frage angelangt.
Welche dieser Tabakwaren ist keine Zigarre?
A: Torpedo, B: Zigarillo, C: Reval, D: Churchill.
Hauke atmete tief durch die Nase ein und versuchte, sich das Aroma des Neongelben von der Tankstelle zu vergegenwärtigen.
Rechts im Bild erschienen die Bilder von drei Männern, aus denen die Kandidatin einen Grauhaarigen als ihren Telefonjoker auswählte. Dem Bild nach mochte er der Vater der Kandidatin sein. Sie verbrachte viel Zeit mit dem Vorlesen und Wiederholen der Frage und am Ende wusste der Angerufene auch keinen Rat.
Hauke hörte nur halb hin. Versuchte, sich stattdessen an das Aussehen des Neongelben zu erinnern. Doch das gelang ihm nicht. Immer wieder stand ihm das Bild von Olaf vor Augen. Olaf hatte Zigaretten geraucht, selbstgedrehte, und das nicht zu knapp. In seiner Jugendzeit hatte Hauke das nicht im geringsten gestört. Wie hatte er das nur aushalten können? Er sah ihn in Lederjacke vor sich, die Fluppe lässig im Mundwinkel, wie er das kleine Kuppelzelt mit dem Werner-Aufdruck zusammenlegte, am Morgen nach dem Festival in Wacken. Damals, als es noch ein Geheimtipp war. Den fordernden Blick des Neongelben hatte Olaf allerdings nie gehabt. Er war verdammt gutmütig gewesen und hatte den jungen Hauke regelmäßig mitgenommen, wenn seine Motorradclique auf Rockfestivals fuhr.
Im Fernsehen entschied sich die Kandidatin mit den rotbraunen Haaren, auf Risiko zu spielen und wählte Antwort B. Statt die Frage aufzulösen kündigte Günter Jauch erst einmal eine Werbepause an.
Hauke versuchte, sich Olafs Augen vorzustellen, aber er konnte sich kaum an ihre Farbe erinnern, er tippte auf graublau. Es war beinahe zwanzig Jahre her, dass er mit Olaf losgezogen war. Der Kontakt war irgendwann abgebrochen, wie das so ist. Vor drei Jahren allerdings hatte er ihn nochmal wiedergesehen. Rein zufällig, denn er war mit Frau und Kindern zu einer Familienfeier in Wesselburen gewesen.
Der runde Geburtstag der Mutter hatte an diesem Tag die gesamte Verwandtschaft in das Elternhaus nach Dithmarschen geführt. Hauke half seinem älteren Bruder Sönke, Sitzgelegenheiten ins Wohnzimmer zu tragen. Grad holte er einen kleinen Cocktailsessel im Sechziger-Jahre-Stil aus dem Schlafzimmer der Mutter, da läutete das Telefon. Im Treppenhaus hing immer noch eine altmodische Zusatzklingel mit dem Horn der Deutschen Bundespost darauf. Ihr Schrillen war zweifellos bis hinüber zum Eidersperrwerk zu hören. Seine Mutter winkte ihn mit der freien Hand herbei, in der anderen hielt sie den Telefonhörer. Tante Mimi aus Itzehoe war dran. Sie würde gleich in den Zug steigen. Jemand möge sie doch in Heide vom Bahnhof abholen.
Im Vergleich zum Küchendienst war Hauke der Shuttle-Service allemal lieber. Er zögerte nicht lange und fuhr sogleich los. So kam es, dass er viel zu früh in Heide ankam. Als er den Wagen parkte, waren es noch gut dreißig Minuten bis zu Tante Mimis Ankunft. Er blieb noch einen Moment im Auto sitzen, beschloss dann aber auszusteigen, um sich ein wenig die Beine zu vertreten.
Plötzlich rief jemand seinen Namen. Hauke schaute sich um. An der Längsseite des Parkplatzes, wo ein Gebüsch die Grenze zum Bahngelände markierte, stand ein einfaches Gartenhaus aus Blockbohlen, das zum Imbiss umfunktioniert worden war. Ein langer Kerl mit einer Bierflasche in der Hand stützte sich auf einen Stehtisch und winkte. Das war Olaf!
»Moin Hauke, lang nich sehn!« Olaf strahlte ihn an. »Peter, lang mal noch’n Bier ’rüber.« Olaf trug eine abgewetzte Lederjacke mit Jeansweste, deren unzählige verblichene Aufnäher kaum noch zu erkennen waren.
»Aber nur ’n Spaßbier!« Hauke griff nach der ausgestreckten Hand. Olaf arbeitete als Betriebsschlosser, sein Händedruck war unverändert kräftig. »Mensch, das ist ja gefühlte hundert Jahre her. Bist du noch in der Raffinerie?«
Olaf nickte. »Klar, auch wenn der Schichtdienst mir langsam in die Knochen geht. Und du?« Er sah ihn von oben bis unten an. »Siehst geleckt aus. Karriere gemacht unten in Hamburg?!«
Hauke winkte ab. »Bürojob, jeden Tag das gleiche.«
»Und? Familie?«
»Wir haben zwei Jungs, zwei und fünf Jahre.«
Hauke bekam sein alkoholfreies Bier und hob die Flasche an den Hals. Dabei sah er Olaf genauer an. Die Jahre hatten ihre Spuren hinterlassen, die schütteren blonden Haare waren ganz weiß geworden, der üppige Vollbart ebenso.
Auf dem Sozius von Olafs Honda hatte er gesessen, fest an ihn geklammert, mit dieser Mischung aus Angst im Kopf und Faszination im Bauch. Die Klassenkameraden hatten gestaunt, weil die erwachsenen Männer ihn, den pickligen 16-jährigen, mit auf ihre Touren nahmen. Wenn sie sich auf dem Heider Marktplatz zur Ausfahrt sammelten, machten brave Bürger einen großen Bogen um den bunt gemischten Haufen.
»Unser kleiner Hauke …« Olaf schüttelte den Kopf und lachte. »Du warst immer ganz heiß auf Moshpits, ’n paar Mal hab ich dich mitten aus dem Gewühl gezogen. Ich wette, jetzt gehst du jeden Tag mit Anzug und Krawatte ins Büro. Echt, wir mochten damals kaum glauben, wie schnell du dich nach der Schule von deinem alten Leben getrennt hast. Haare ab, Bundeswehr, Studium. Unser Kleiner macht einen auf Stino, lässt sich nicht mehr blicken bei seinen alten Kumpels.«
Hauke schaute auf das Pflaster, in das noch uralte Bahngleise eingelassen waren.
Olaf haute ihm auf die Schulter. »Hey, war nicht so gemeint. War doch klar, dass du dein Leben leben musstest.«
»Bist du wenigstens der Alte geblieben? Fährst du noch auf Festivals?«
Olaf rückte die Lederjacke zurecht. »Ich bin auf meine alten Tage doch noch schwach geworden. Fast zehn Jahre jünger ist sie, fährt Harley und ist immer mit dabei. Dann heißt sie auch noch Telse, man glaubt es kaum.« Er leerte sein Bier. »Aber wir werden weniger. Erinnerst du dich an Gunnar? Da musst du auch dabeigewesen sein, als wir damals das erste Mal in den Osten rüber sind, wo’s am Ende noch ordentlich was auf die Augen gegeben hat. Den haben sie totgefahren, vorletztes Jahr. Und der dicke Hannes, der hat Weichteilrheumatismus, kann kaum noch seine Mühle aufrecht halten.«
»Hauke?!«, rief eine spitze Stimme.
Sie drehten sich beide um. Tante Mimi kam strammen Schritts über den Parkplatz gelaufen und zog einen Rollkoffer hinter sich her, der polternd über das Kopfsteinpflaster sprang.
»Die Pflicht ruft«, sagte Olaf. Es klimperte, als er die Bügelverschlussflasche auf dem Tisch abstellte.
»Hauke, was machst du hier? Trinkst du etwa?«
»Tach, Tante Mimi. Is’ bloß ’n Spaßbier. Ich hab zufällig den Olaf getroffen und dann hier auf dich gewartet.« Hauke zückte das Portemonnaie, um zu zahlen.
»Lass mal stecken.« Olaf schüttelte Tante Mimis Hand. »Kümmer’ dich um deinen Besuch, kriegst sonst noch Ärger.« Er zwinkerte der alten Dame zu.
Hauke griff nach Tante Mimis Koffer.
»Hau rein!«, rief Olaf ihm hinterher.
»Der ist ja nett«, sagte Mimi, während sie zum Auto gingen.