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Rolf Redlin
Bärensommer
Roman
Klappenbroschur,
216 Seiten,
17,00 EUR (D)
ISBN: 978-3-939542-61-2
Männerschwarm Verlag Hamburg
Auch als Ebook

Statt Praktikum: Arbeit unter freiem Himmel, hart aber bezahlt
Bastian, Mitte zwanzig, Student, träumt von einem Kerl mit behaarter Wampe. Statt seine akademische Karriere mit einem Praktikum voranzutreiben, jobbt er im Deichbau. Alles in der naiv-romantischen Hoffnung, in der dortigen Wohnwagensiedlung einen ‹Bären› zu fangen. Wilfried, Steinsetzermeister und fast doppelt so alt, hat grad Beziehungsstress und flirtet zum Spaß mit dem Studenten. Es funkt, doch die Gegensätze sind beträchtlich: Wilfried begreift, dass er noch nicht zum alten Eisen gehört, und sehnt sich nach Action. Bastian dagegen ist am Ziel aller Wünsche und will seinen Bären am liebsten ganz für sich allein.
‹Bärensommer› bürstet Klischees gegen den Strich. Ob Student oder Arbeiter, ob Traumfigur oder ‹Waschbär-Bauch›, ob jung oder alt – entscheidend ist, wie entschlossen man sein Leben selbst bestimmt. Bastian und Wilfried erleben zwar beide ihr Happy End, aber auf unerwartete Art und Weise.
Bastian studiert in Hamburg Biochemie. Anders als seine beiden studentischen Mitbewohner in der WG mag er es gern haarig und etwas dicker. Er selbst trägt Bart, unfrisierte Locken und Brustbehaarung. Sein erotisches Ideal ist der ‹Bär›, ein dicker behaarter Mann, ruhig älter.
In den Semesterferien nimmt Bastian einen Job im Straßenbau an, um dort einen Bären aufzustöbern. Am Oberlauf der Elbe, wo Mecklenburg, Brandenburg und Sachsen-Anhalt zusammentreffen, arbeitet er bei Deicherhöhungsarbeiten und lebt mit den Kollegen in einer Wohnwagensiedlung. Schnell wird er fündig: Ausgerechnet Wilfried, sein beinahe doppelt so alter Vorarbeiter, flirtet spaßeshalber ein wenig mit dem Studenten.
Wilfried besitzt ein Häuschen im Hamburger Umland. Dort wartet Freund Ralf, der zu seinem Leidwesen nur noch vorm Computer bei online-Spielen sitzt. Genau im richtigen Moment geht die Beziehung in die Brüche.
Wilfried und Bastian kriegen sich, und auf eine kurze Euphoriephase folgen schnell die Probleme: Bastian liebt Einsamkeit und Ruhe, Wilfried ist unternehmungslustig und hat nach seiner tristen Beziehung Nachholbedarf. Also entschließt sich Wilfried, seinen Urlaub zu nehmen und zu Freunden an den Gardasee zu fahren, der junge Studi klammerte ohnehin zu sehr. Doch der Studi folgt ihm und lernt in Italien einen coolen französischen Biochemiker kennen, der ihn zu einem Praktikum nach Frankreich holt, was Wilfried gar nicht lustig findet. Als Bastian einlenken will, ist es schon zu spät: Auf sein Klingeln an Wilfrieds Haus macht ein anderer Student auf, er ist abgemeldet.
Interessante Figuren, ungewöhnliches Ambiente, und ein zweimal vergeigtes happy-end. Eine vergnügliche Lektüre, in der man (wg. Biochemie) auch Interessantes über Fetteinlagerung bei Mann und Frau erfährt (jawohl, auch das ist bei den Geschlechtern verschieden!).


Bärensommer


Rezensionen
Wow was für ein tolles Buch!
jokoaho auf technikbaer.com (6. August 2016)
(...)
Rolf Redlin versteht sich darin die Schwierigkeiten der schwulen Liebe im Auge der Gesellschaft kritisch und ehrlich zu erzählen. Man hat es nicht immer leicht, wenn man sich anders als die Anderen fühlt. Ein Buch das mit Realität und authentischen Texten glänzt und dem Leser einen Einblick in die komplizierte Welt der Liebe entführt. Für mich ist Bärensommer einer der besten Bücher seit langem. Auch wenn ich nicht jeder Figur etwas Positives abgewöhnen konnte, so hat er es trotzdem geschafft mich zu berühren. Ich kann jedem dieses Buch nur wärmstens empfehlen, der sich mit einer authentischen Lebensgeschichte zweier Männer befassen möchte ohne das es dabei pornografisch zur Sache geht.

Für alle Felle
Axel Schock in Hinnerk 05/11

Rolf Redlin bleibt sich treu. Er verschafft aufs Neue den bislang literarisch eher nachlässig behandelten schwulen Leidenschaften und Männervorlieben Genugtuung. Wie schon in seinen Vorgängerromanen ›Bodycheck‹ und ›Bullenbeißer‹ bevölkern auch das neue Buch des Hamburger Autors reihenweise echte Kerle.
(…)
Redlin ist zwar ein versierter Unterhaltungsautor, aber glücklicherweise kein oberflächlicher Kitschier, der sich die Sache zu seicht und einfach machte. Das große Glück bekommt trotz sexueller Höhenflüge Brüche, ein kanppes Dutzend Nebenfiguren – Bastians schwule Mitbewohner aus der Hamburger WG wie die Heterokollegen auf dem Baugelände – sorgen für glaubwürdig geschilderte unterschiedliche Milieus, die nach und nach immer mehr ineinander greifen. Das macht den ›Bärensommer‹ zu einem lässig-sexy Schmöker zur Einstimmung aufs nächste Bärentreffen.

Keine übersexte Geschichte
M. Rädel in blu Nr. 35, Oktober 2011

Rolf Redlin liefert hier nicht »irgendeine übersexte Homogeschichte« ab, nein, sein Roman Bärensommer ist ein Buch, das sich gut lesen, verschenken und später dann sichtbar ins Regal stellen lässt (auch das kommt irgendwann einmal, und nichts ist dann ärgerlicher, als wenn einem ein altes Pornogesicht auf dem Cover angrinst, das nichts mit dem Buchinhalt zu tun hat).
(…)

Roman für Bären
XTRA! 06/2011

Bastian ist ein 20jähriger Student, der auf Bären steht. Als er Wilfried kennen lernt, ist er happy. Doch die Beziehung zu dem doppelt so alten Mann ist nicht so, wie sie sein könnte. Ein Roman für Bären und deren Freunde (…)

Bärig
Martin Weber in LAMDA nachrichten 1.2012

Rolf Redlin bleibt sich treu: Auch in seinem neuesten Roman Bärensommer erzählt er schnörkellos und geradlinig von schwulem Verlangen im Bären- und Echte-Kerle-Milieu zwischen Ost- und Westdeutschland.
(...)
so spürt man, dass der Autor seine Figuren mag. Und diese Ehrlichkeit tut dem Buch lesbar gut.
(…)


Leseprobe
1
»Zum Abschluss des Semesters wenden wir uns dem Fettstoffwechsel zu …«
Bastian schob sich als Letzter in eine der hinteren Sitzreihen des Hörsaals und klappte sanft die grün gebeizte Schreibfläche hinunter. Professor Hellmanns Vorlesung ›Allgemeine Biochemie‹ war eine Pflichtveranstaltung.
Hellmann war bekannt für seine launigen, mit Anekdoten gespickten Vorträge. Die allein lohnten das Zuhören. Ein Beamer projizierte das Bild einer barocken Schönheit auf die Leinwand. Mit einem Laserpointer über die Rundungen der Schönen streichend erläuterte Hellmann, dass Fettvorräte für das Säugetier-Weibchen eine besondere Bedeutung darstellten. Sie dienten als Energiespeicher für Schwangerschaft und Aufzucht der Nachkommen. Einige Zuhörerinnen murrten.
Hellmann tippte auf eine Taste seines Notebooks und auf der Leinwand blendete die Schöne über zu einem zottigen Braunbären. Für andere Säugetiere diene der Fettspeicher eben dazu, den Winterschlaf ohne nennenswerte Nahrungsaufnahme zu überstehen.
Hellmann tippte ein weiteres Mal und aus dem Bären wurde ein Kerl in kurzer Hose mit mächtiger behaarter Wampe. Bastian fiel die Kinnlade herunter. Das war wirklich mal ein prächtiger Bär! Wo hatte Hellmann nur das geile Pic her?
»Meine Damen und Herren, Sie sehen hier ein männliches Säugetier, bei dem die Bedeutung der Fetteinlagerung im Bereich des Abdomens noch nicht vollständig geklärt werden konnte.«
Die Frauen in der ersten Reihe kicherten.
Hellmann fuhr fort: »Während beim Weibchen ein großer Teil des Fetts subkutan eingelagert wird, was die Fettpolster weich werden lässt, lagern die adulten Männchen höheren Alters ihr Fett intraabdominal unterhalb der Bauchmuskulatur ein. Das führt zu der kuriosen Erscheinung, dass manche Exemplare der Gattung einen ansehnlichen Bauch aufweisen, der auf Punktbelastung hin dennoch fest wirkt. Es wird diskutiert, ob es sich hierbei um ein sekundäres männliches Geschlechtsmerkmal handelt.«
Jetzt kreischten die Frauen und die Männer murrten.
»Ja, meine Herren, da können sie in Ihrem Alter noch nicht mithalten. Ethologen vermuten, dass ein prächtig ausgeformtes männliches Abdomen eine anziehende Wirkung auf fortpflanzungsbereite Weibchen ausübt, denn es signalisiert Versorgungssicherheit.«
Die Frauen schrien einhellig: »Iiiii!«
Na klar! Bastian konnte sich das gut vorstellen. Wenn er doch nur ein Exemplar wie das auf der Leinwand ins Bett kriegen könnte!
»Hier in der Hansestadt hat der Volksmund den schönen Ausdruck ›Holsten-Geschwür‹ für dieses männliche Geschlechtsmerkmal geprägt. Geht es mit einer überdurchschnittlichen Körperbehaarung einher, spricht man bekanntermaßen auch vom ›Waschbär-Bauch‹. Doch zurück zum eigentlichen Thema.«
Auf der Leinwand verwandelte sich der Bär in ein Schwein.
»Wie Sie im Standard-Lehrbuch der Biochemie nachlesen können, entsteht Fett aus Kohlenhydraten. Das beweist uns das Schwein.«
Allgemeines Gelächter der Zuhörerinnen und Zuhörer. Bastian klappte seinen Block auf, um sich Notizen zu machen.

Bastian verriegelte die Tür. Ach ja. Seufzend ließ er sich auf der Klobrille nieder.
Aber irgendetwas fehlte noch. Na klar, es war wieder mal nichts zum Lesen da. Dabei hatte er gestern erst den ›Spiegel‹ von letzter Woche auf der Waschmaschine liegengelassen. Unter Garantie hatte Till sich das Magazin geschnappt und auf den Altpapierstapel in der Küche verfrachtet. Als WG-Hauptmieter glaubte er wohl, sich alles herausnehmen zu können.
Bastian beschloss, sich zur Kompensation beim feuchten Klopapier zu bedienen. Die Spenderbox stand auf der Fensterbank. Till hatte mit Edding ›Finger weg!‹ draufgeschrieben.
Zum Glück fand sich unmittelbar neben der Plastikdose doch noch etwas Bedrucktes. Zwar nur das ›Wochenblatt‹, doch diese Sitzung war gerettet. Musste er eben Kleinanzeigen lesen. Auf der Titelseite warb eine Anwaltskanzlei aus dem Viertel mit drei kurzen Fragen. Die waren jeweils auf ein einzelnes Wort reduziert. ›Kündigung? Verhaftet? Scheidung?‹ Drei Fragezeichen, drei Probleme, für jedes davon der passende Anwalt.
Bastian las die Seiten quer und blieb bei einer Grafik hängen. Ein Braunbär auf zwei Beinen, bekleidet mit roter Latzhose und Cap auf dem Kopf. In den beiden kräftigen Armen je eine Bierkiste. ›Der bärenstarke Lieferservice‹. So inserierte ein Getränkefachhandel mit Bionade, Veltins und Lübzer Pils im Angebot. Bastian blätterte weiter. Früh am Vormittag war ihm noch nicht nach Bier. Höchstens nach einem Bären. Haha!
Bastian legte das Blatt irgendwie wieder zusammen. Zu versuchen, eine Zeitung sauber zusammenzufalten, hatte ohnehin keinen Sinn. Im Weglegen fiel sein Blick auf eine der Kleinanzeigen in der Rubrik ›Stellenmarkt‹. Zwischen ›15 Versandhelfer m/w gesucht!‹ und ›Ex. Pflegekräfte/Pflegehelfer in VZ und TZ‹ las er die Worte ›Studentenjob im Tiefbau‹. Neugierig geworden, sah er genauer hin.
›Statt Praktikum: Arbeit unter freiem Himmel, hart aber bezahlt!‹
Bastian lächelte. Guter Witz. Solche Jobs für die Semesterferien gab’s doch heutzutage überhaupt nicht mehr. Da würde sich für weniger Geld garantiert ein Ukrainer finden, der körperliche Arbeit gewohnt war und vor allem niemals widersprach.
Er legte das Wochenblatt zurück auf die Fensterbank und bediente sich ausgiebig bei Tills Feuchttüchern.